Der goldene Hecht - Naturschutzpreis 2008 für Gewässerschützer

2011, September: Der goldene Hecht hat Besuch bekommen.

Die Originalseite aus 2008, Der Goldene Hecht:

Einzugsgebietsbezogener Gewässerschutz steht an. Nachahmenswerte Beispiele des Gewässer-Restaurierens auch bei umgebender Nutzung liegen zur Genüge vor. Die Vermittlung eines besseren Verständnisses unseres - umzustellenden - Verhaltens gegenüber unserem Umfeld ist wichtig. Mindestens genau so wichtig ist, den seit Langem bestehenden Rechtsrahmen endlich einzuhalten. Ansonsten werden unsere Gewässer nicht besser, die Meere nicht von ihrer derzeitigen Überlastung befreit werden. Für sein langjähriges Wirken wurde Dr. Ludwig Tent von der Arbeitsgemeinschaft Osteland im Februar 2008 geehrt. 

Der Goldene Hecht, auch Oste-Oskar genannt, wird von der Arbeitsgemeinschaft Osteland in verschiedenen Kategorien jährlich vergeben.

 

Der Goldene Hecht entstand angelehnt an die Brunnenskulptur in Hechthausen.

Beliebter Treffpunkt.

Den Naturschutzpreis 2008 erhielt Dr. Ludwig Tent.

Die Laudatio, gehalten von Hannes Steiger (Gründungsmitglied von Trinkwasserwald), begründete diese Verleihung wie folgt:

"Mit dem Gewässerbiologen Dr. Ludwig Tent, der ganz in der Nähe des Ostequellgebiets in Tostedt lebt, wird zum ersten mal ein Bewohner des vierten Oste-Anrainerkreises, des Landkreises Harburg, ausgezeichnet.

Dr. Tent, Lehrbeauftragter der TU Harburg und Projektleiter der Edmund-Siemers-Stiftung, setzt sich als Vorkämpfer eines ganzheitlichen Gewässerschutzes seit vielen Jahren dafür ein, die Quellgebiete von Oste, Este, Seeve und Wümme über deren Wasserscheiden hinweg zu vernetzen, verinselte Populationen von Pflanzen und Tieren wie dem Fischotter großräumig miteinander zu verbinden und die Heideflüsse zum ökologischen Rückgrat der Region werden zu lassen.

Ebenso wie die unermüdlichen Aktiven vom Tostedter Arbeitskreis Naturschutz weist Dr. Tent immer wieder darauf hin, dass es nicht genügt, die Wasserqualität der Oste und ihrer Zuflüsse, etwa der Heidenauer Aue, zu verbessern, um den vom Gesetzgeber vorgegebenen „guten ökologischen Zustand“ zu erreichen. Es bedarf daher nicht nur der Verhinderung von Einleitungen, etwa durch Gewässerschutzstreifen, sondern auch schonender Gewässerunterhaltung, um die Gewässerstruktur zu verbessern.

Ackern bis an den Gewässerrand - es ist an der Zeit, eine bessere Praxis einzufordern!

Immer noch fast flächendeckende Praxis: Harte Gewässerunterhaltung.

Diese Mäh- und Baggermaschine zerstört - in bisheriger Anwendung - jeden Lebensraum.

Gewässersohle und Ufer werden jährlich neu zerstört - finanziert über unser aller  Verbandsbeiträge oder unser Steuergeld. 

In seinen Schriften, darunter „Unsere Heidebäche brauchen Hilfe", sowie in Beiträgen für das von der AG Osteland herausgegebene Buch „Die Oste“ hat der Wissenschaftler und Praktiker Tent – ein leidenschaftlicher Freizeitangler – gezeigt, wie sich die Laich- und Aufwuchsbiotope vieler Fischarten revitalisieren lassen und  die Gewässerstrukturgüte gesteigert werden kann

Tents Buch „Lebendige Flüsse und Bäche“ ist, wie die Zeitschrift „Jäger und Fischer“ schrieb, DAS Standardwerk für die Revitalisierung von Tieflandgewässern. Es enthält, auf dänischen Erfahrungen basierend, wertvolle Handreichungen, wie sich auch im Quellgebiet und im Oberlauf der Oste Naturnutzung und Naturschutz vereinbaren lassen – damit dort nicht, im Wortsinne, die Natur den Bach runtergeht. 

Ludwig Tent hat sich um die Oste verdient gemacht." 

Drei tolle Hechte (Foto: Bianca Marquardt, Nordheide Wochenblatt)

Der Dank kam prompt: 

"Meine Damen und Herren, ich fühle mich geehrt, von den Aktiven aus einem der größten niedersächsischen Flusssysteme ausgewählt worden zu sein für diese Auszeichnung - ganz herzlichen Dank! 

Das Oste-Einzugsgebiet - Gewässer kennen keine Grenzen. 

Der Hecht - von vielen missverstanden, falsch eingestuft. "Der Hecht im Karpfenteich" - hinterhältiger Fischräuber? - "Igitt, Hecht - schmeckt nicht und wegen seiner Gräten nur durchgedreht als Fischfrikadelle genießbar!", so höre ich es oft. 

Meine Damen und Herren, als im gesundheitsbezogenen Umweltschutz arbeitender Naturwissenschaftler [Anm.: in Rente seit 1. Juni 2015 - gleichwohl weiter fachlich aktiv] und langjähriger Angler habe ich da eine ganz andere Wahrnehmung. Der Hecht erfüllt in seiner Funktion unter anderem die wichtige Aufgabe als Gesundheitspolizist. Vom Menschen erkannt, kann dies sogar zum Restaurieren stehender Gewässer genutzt werden – grasgrüne Gewässer können wieder klare Badeseen werden, mit Hilfe des Hechts. 

Und was das Essen angeht, hier meine klare Empfehlung: Filettieren Sie den Hecht wie einen Lachs - längs. Schneiden Sie ihn dann in große Stücke, braten Sie ihn und trinken Sie ein schönes Bier dazu. Die großen Gabelgräten haben Sie auf diese Weise erhalten und nicht zerstückelt – einfacher kann man Fisch kaum zubereiten und genießen. 

Man nehme: einen schönen Hecht. 

3 große Filets aus einer Längsseite: Säubern, säuern, salzen - das ist hoffentlich bekannt. 

Guten Appetit! 

Sehen Sie: Die Gräten sind heil und können gut entfernt werden. 

Wie Sie wissen, komme ich aus Tostedt, aus der Geest, von dort, wo die Oooooste noch kurz Oste heißt und bei ca. 60 m über dem Meeresspiegel ihren Lauf beginnt. Auch dort, in der Heimat der grundwassergespeisten Forellenbäche des Norddeutschen Tieflands, ist der Hecht – in kleiner Anzahl natürlich – Teil der vielfältigen Lebensgemeinschaft des Gewässers. Wie gesagt, auch als langjähriger, hartnäckiger Verbesserer der Bäche und kleinen Flüsse fühle ich mich gerade durch dieses Symbol geehrt. 

Lebendige Bäche und Flüsse sind das Adernetz unserer Landschaften, ohne ihre Gesundheit kann der Mensch weder vernünftig wirtschaften noch dauerhaft leben. 

Sie haben dementsprechend im Jahr 2005 die Mitstreiter Egon Boschen (Lamstedt) und Ernst Peters (Zeven) geehrt, die sich für die Wiederansiedlung des Lachses in der Oste einsetzen. Das freut mich besonders. 

In konsequenter Fortsetzung dieser Arbeiten gilt es, die Laich- und Aufwuchsgebiete in den Nebenbächen der Oste dauerhaft zu verbessern, ihnen ihren kiesigen Gewässergrund und viel ihrer geraubten Eigendynamik zurückzugeben. Die "Wanderer zwischen den Welten" Lachs, Meerforelle und Schnäpel, Fluss- und Meerneunauge sowie vielleicht auch einmal wieder der Stör werden zeigen, ob erfolgreiche Arbeit geleistet wurde. 

Erosion mit damit verbundenem Eintrag von Boden, Dünger und Pestiziden ist heute die Hauptbelastung unserer Gewässer bis hin zum Meer. 

Das hart unterhaltene Gewässer als Sandfang - Rippelmarken in der Sonne - weist keinerlei Merkmale des standorttypischen Lebensraums auf. 

Auch wenn der Bach noch tiefer gebaggert würde - Flächen mit zerstörtem Bodengefüge, die ihre Versickerungsfähigkeit weitgehend einbüßten und womöglich zudem völlig überzogen bewirtschaftet werden, gewinnen dadurch auch nicht ihre Leistungsfähigkeit zurück. 

Die Vielfalt des Lebens in der Oste und um sie herum ist im begehrten Oste-Buch von Elke Loewe und Wolf-Dietmar Stock vermittelt worden. Welche Probleme es für die unzähligen Nebenbäche gibt und wie sie – oft ohne großen Aufwand, nur mit gutem Wissen und gutem Willen – verbessert werden können, ist nun in dem Buch "Die Heidenauer Aue" beispielhaft dargestellt. Auch dieses Buch finden Sie heute auf dem Büchertisch. Leider verweigern sich noch viele niedersächsische Unterhaltungsverbände den seit 30 Jahren bekannten fachlichen Anforderungen und stellen sich zu Lasten ihrer Beitragszahler – also von uns allen! – außerhalb des geltenden Rechts. 

Das Schneidwerk - bei seiner immer noch üblichen Anwendung in jedem unser Kleinstgewässer - ebenfalls ein Beitrag zur Gefährdung des Aals. 

Zu guter Letzt: Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, ob Sie's schon wussten... Wir leben gegenwärtig nicht nur in den UN-Dekaden "Bildung für nachhaltige Entwicklung" und "Water for Life" – das Thema Klimawandel will ich gar nicht ansprechen, sondern Deutschland richtet dieses Jahr auch die Internationale Konferenz "Biologische Vielfalt 2008" aus. 

Eine Vielzahl Veranstaltungen wird sich um dieses Ereignis ranken. Die Verbesserung unserer Fließgewässer wird im Themenrahmen einen breiten Raum einnehmen. Wie in dem Buch "Forelle, Schwarzstorch, Flatterulme – Indikatoren lebendiger Bäche und Flüsse" nachzulesen, wird dies nur erfolgreich sein, wenn auch das Gewässerumfeld in seiner Nutzung einbezogen wird. 

Die Oste - nicht nur im Oberlauf: Eine Erle, eine Rausche, ansonsten weiterhin zerstörerische, harte Gewässerunterhaltung. Es gibt noch viel zu tun!

Ich würde mich freuen, wenn Sie alle sich in diesem Sinne weiter aktiv für eine vielfältige, lebens- und liebenswerte Umwelt einsetzen, das riesige Leistungspotential der Natur unterstützen und gesunden lassen würden – als Grundlage für unser aller Zukunft. Wer dazu mit Bezug auf Bäche und kleine Flüsse einen Vortrag oder eine Exkursion genießen möchte, kann sich gern an mich wenden." 

Und Tschüß!

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